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by Mario Sahlmann

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EHRENAMT
Ukraine-Helfer hoffen auf Retter
10.06.2017

Ingolf Mettig, Marko Köppe und Thomas Ulbrich (von links) sind beim Verein Notruf Ukraine aktiv und kümmern sich im zentralen Lager des Vereins in Aspenstedt um die Spenden.

Foto: Dennis Lotzmann –

Der Halberstädter Hilfsverein Notruf Ukraine ist in Gefahr, weil im Sommer wohl die beiden Ein-Euro-Stellen wegfallen.

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Aspenstedt/Osterwieck l Ulrich Scholle ist um seinen schier unerschütterlichen Optimismus zu beneiden. Der 62 Jahre alte frühere Kriminalbeamte hat vor Jahren den Hilfsverein „Notruf Ukraine – Polizisten helfen“ aus der Taufe gehoben. Seither trägt er zusammen mit Unterstützern Hilfsgüter zusammen, um insbesondere Krankenhäusern in der Ukraine zu helfen. „Das“, bestätigt Scholle, „ist trotz des karitativen Grundgedankens zoll- und behördenseitig immer wieder eine neue Herausforderung“. Nun sieht Scholle eine weitere Herausforderung auf sich und den Verein zukommen: Ende des Monats laufen die beiden von der Kommunalen Beschäftigungsagentur (Koba) geförderten sogenannten Arbeitsgelegenheiten (AGH) aus. Eine Fortsetzung ist bislang eher unwahrscheinlich.

Hinter dem etwas sperrigen Begriff Arbeitsgelegenheiten stecken mit Marko Köppe und Thomas Ulbrich letztlich zwei Menschen. Das Duo ist im zentralen Lager des Vereins am Dorfrand von Aspenstedt Tag für Tag mit den Hilfsgütern beschäftigt. Zuwendungen, die Unterstützer direkt vor Ort abgeben, gehören ebenso dazu wie Spenden, die aus Arztpraxen oder Krankenhäusern abgeholt werden. „Im Moment“, berichtet Scholle, „wird gerade in Braunschweig eine alte Klinik leergeräumt, um sie künftig anderweitig zu nutzen. Wir hoffen, dann Technik und Ausstattung vor dem Müll zu retten“, skizziert der 62-Jährige das Prozedere.

Transport im Spätsommer

Ein Prozedere, für das maßgeblich der 53-jährige Thomas Ulbrich und der zehn Jahre jüngere Marko Köppe verantwortlich zeichnen. Sie fahren nach Braunschweig und holen ab, was noch als Spende für die vom Bürgerkrieg gezeichnete Ukraine nutzbar ist. Bevor die Sachen dorthin gebracht werden – der nächste Transport ist für den Spätsommer geplant – kümmern sich die beiden um die logistische Vorbereitung und kleinere Reparaturen.

Ein Job, der ihnen Spaß macht, wie sie bestätigen. Allerdings ahnen auch sie, dass nach dem regulären Auslaufen des AGH-Förderzeitraums zum Monatsende wohl Feierabend ist. „Wir sind schon zum Auswertungsgespräch eingeladen worden“, berichtet Ulbrich.

Am 1. Juli ist Schluss

Was im Gespräch mit Scholle und seinen Mitstreitern deutlich wird und womit Scholle fest rechnet – „dem Schlussstrich zum 1. Juli“ – bestätigt Cornelia Stech, Schulleiterin des privaten Bildungsträgers AFU GmbH als Träger der AGH beim Ukraine-Verein: „Es ist zwar hinsichtlich dieses Vereins noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Es wird aber wohl insgesamt darauf hinauslaufen, dass viele Projekte enden oder zusammengelegt werden müssen.“

Davon geht auch Katrin Löhr, Sprecherin des Koba-Jobcenters Harz, aus. Letztlich, signalisiert sie, würden geförderte Vereine und Gruppierungen wie die Unterstützer der Ukraine indirekt zu „Opfern“ der positiven Arbeitsmarkt-Entwicklung. Weil immer mehr Menschen zurück in reguläre Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt fänden, sinken die finanziellen Mittel für Eingliederungstitel. „Und das sorgt letztlich dafür, dass wir Mittelzuweisungen für AGH zurückfahren müssen“, so die Koba-Sprecherin.

Immer weniger Geld

In Zahlen ausgedrückt: Wurden 2015 durchschnittlich 16 174 erwerbsfähige Leistungsberechtigte von der Koba Harz betreut, sank deren Zahl über 14 721 (2016) auf bislang durchschnittlich 13 953 in diesem Jahr. Analog sanken die verfügbaren Mittel. „In diesem Jahr sind 13,1 Millionen Euro für Eingliederungen verfügbar – das sind 1,43 Millionen Euro weniger als im Vorjahr.“ Und aus diesem Fonds müssten neben AGH noch andere Projekte finanziert werden, so Katrin Löhr.

Letztlich unterstütze die Koba Vereine und damit das Ehrenamt gern – „Vorrang haben aber nun mal unsere Kunden, die wir im ersten Arbeitsmarkt vermitteln wollen“. Weiterbildung und die Aktivierung für reguläre Jobs hätten Priorität. „Das ist mit Blick auf den Ukraine-Verein natürlich traurig“, räumt die Koba-Sprecherin ein.

Riesiege Probleme drohen

Den Vorschlag, dass sich die Vereinsmitglieder anstelle der beiden AGH-Mitstreiter aktiver einbringen könnten, hört Ulrich Scholle nicht zu ersten Mal. Er hält ihn aber für kaum praktikabel. „Unser Problem ist, dass wir kein Sportverein mit 156 Mitgliedern sind, sondern viele uns finanziell unterstützen, weil sie mit unseren Vereinszielen sympathisieren. Viele sind über die Woche, wo das Gros der Arbeit anfällt und bislang von den beiden Helfern gestemmt wird, beruflich selbst eingebunden“, erklärt er. „Ich sehe daher riesige Probleme auf uns zukommen, wenn die beiden Stellen tatsächlich wegfallen.“

Wobei Ingolf Mettig eine kleine Ausnahme ist. Der 63-Jährige hat einst selbst eine AGH beim Verein gehabt. Dabei hat er eine so persönliche Beziehung zum Verein und dessen Zielen aufgebaut, dass er heute als Rentner freiwillig in Aspenstedt mithilft.