Jahreshauptversammlung des Vereins „Notruf Ukraine-Polizisten helfen“
Ein einsatz- und arbeitsreiches Jahr bilanzierte der Verein „Notruf
Ukraine-Polizisten helfen“ auf seiner Jahreshauptversammlung. Allein 60
Tonnen Hilfsgüter im Wert von 150 000 Euro wurden 2013 nach Osteuropa
geschafft.
Von Gerald Eggert
Deersheim. „Wir haben wieder sehr viel getan für Bedürftige“, sagte
Ulrich Scholle, als er im Deersheimer „Dorfkrug” in das Jahr 2013
zurückschaute, und versicherte im gleichen Atemzug, dass der Verein
„Notruf Ukraine-Polizisten helfen“ auch in Zukunft nicht nachlassen
werde, Menschen zu helfen, die Hilfe benötigen.
Auch wenn man in dem Jahr erneut Rückschläge habe hinnehmen müssen,
entmutigen lasse man sich nicht. Ein nach Sambir geplanter Transport
musste ausfallen, weil die Zollpapiere „in Kiew verschwunden“ waren.
„Das war nicht nur ärgerlich, weil Ärzte und Patienten vergebens auf uns
warteten, sondern auch, weil unsere Mitglieder langfristig Urlaub
angemeldet hatten.“
Der Vereinsvorsitzende hofft, dass es nach den politischen Veränderungen
in der Ukraine bald wieder Ansprechpartner gibt und die geplanten
Hilfslieferungen 2014 problemlos realisiert werden können. Dringend
müsse der vom Verein für über 5000 Euro erworbene komplett
ausgestatteten Krankenwagen nach Sambir überführt werden. In der 36 000
Einwohner zählenden Stadt gibt es kein solches Fahrzeug, Patienten
werden mit Pkw transportiert.
Schwierige Situationen musste der Verein seit seiner Gründung bereits
einige Male meistern. Kurzfristiges Umdisponieren zählt da noch zu den
unkomplizierten Entscheidungen. Zum Beispiel, als im Spätherbst Betten
und anderes Mobiliar aus den Kliniken Bad Berka und Boltenhagen an
Wochenenden verladen werden mussten. Allein von der Ostseeklinik wurden
drei 40-Tonner auf die Reise geschickt. „Das war echte Knochenarbeit,
was man erst am Montag richtig gespürt hat“, bedankte sich Scholle bei
den Mitgliedern und Lagerarbeitern, die ihre Freizeit dafür geopfert hatten.
Die Empfänger der beiden Transporte, die Klinik von Oswiecim und das
Krankenhaus des Klosters der Schwestern von St. Elisabeth in Cieszyn,
waren hoch erfreut. Deren Dank fasste noch einmal Janusz Marszalek
zusammen, der zur Versammlung aus dem rund 800 km entfernten Oswiecim
angereist war.
„Aber auch andere Schlachten galt es zu schlagen“, bemerkte Scholle und
erinnerte an den Einsatz in Biederitz. Dort versorgten sechs
Vereinsmitglieder mit Gulaschkanone und Getränkewagen die
Hochwasserhelfer. Unter anderem Vorzeichen fand eine Versorgung an
anderen Orten statt. Zum Beispiel beim „Tag der Begegnung in Magdeburg“,
auf dem Osterwiecker Weihnachtsmarkt oder bei der 1000 Jahr-Feier in
Berßel, wo einige Hundert Besucher beköstigt wurden. „Wir haben viel
gearbeitet und auch gut verdient“, resümierte der Vereinsvorsitzende.
Das auf dieser und anderen Veranstaltungen eingenommene Geld konnte für
den Kauf des Krankenwagens verwendet werden. Mittlerweile bekomme der
Verein so viele Anfragen, dass sogar Termine abgelehnt werden müssen.
Bevor Scholle ein großes Lob an alle richtete, die unter einer starken
Leitung „so vieles ehrenamtlich stemmen“, machte er noch auf die
Schwerpunkte 2014 aufmerksam. Neben der Überführung des Krankenwagens
werden es Transporte im Mai nach Sambir und im September in die Ukraine
sein. Sollte ersterer nicht möglich sein, geht die Hilfe an ein Heim für
sehgeschädigte Kinder in Budapest. Im August reist eine Abordnung des
Vereins mit Equipment ins Kinderdorf bei Oswiecim, dort die
Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen aktiv unterstützen und den
Erlös vor Ort spenden.
Logistiker Ralf Strauch erinnerte an den Besuch von neun
Vereinsmitgliedern mit Kleintransportern in Gaisin, wo sich der
Bürgermeister bei ihnen wegen der Unannehmlichkeiten entschuldigte. Die
Fahrt diente zugleich einem Besuch im „Patenkindergarten“ in Stepaschki,
wo Geschenke abgeladen, Bäume gepflanzt und mit den Kindern Eierkuchen
gebacken wurden. Als im Herbst kein Ukrainetransport möglich war, habe
man bei einem Kurzbesuch in Sambir ein dringend benötigtes
Ultraschallgerät abgeliefert.
„Fünf 40 Tonner mit insgesamt 60 Tonnen Hilfsgütern im Wert von 150 000
Euro wurden 2013 beladen“, bilanzierte Strauch, „damit war viel Arbeit
verbunden.“ Seinen Dank richtete er an alle Helfer, Spender, Sponsoren
und Unternehmen, die die Fahrzeuge zur Verfügung stellten, sowie an die
Koba und AFU, ohne deren jahrelange Unterstützung es nicht möglich wäre,
die Hilfstransporte auf Reise zu schicken.
Im Kassenbericht stellte Schatzmeister Holger Greulich Einnahmen und
Ausgaben detailliert dar. Eine Kassenprüfung habe keine
Unregelmäßigkeiten festgestellt, bestätigte Ralf Strauch.
„Dieses Miteinander, das man im Verein bei jeder Gelegenheit spürt, ist
beeindruckend, zumal man so etwas nicht oft findet“, sagte Ingeborg
Wagenführ und dankte für die engagierte ehrenamtliche Arbeit. „Ihr seid
überall vertreten. Was ihr anpackt, das setzt ihr mit Herzblut um.
Andere verbringen ihren Urlaub anders und woanders“, unterstrich
Osterwiecks Bürgermeisterin und betonte abschließend: „Ich bin stolz,
Mitglied dieses Vereins zu sein.“
Als neues Mitglied ließ sich an dem Abend Ronald Steinke eintragen. Der
Halberstädter Unternehmer unterstützt den Verein seit Jahren. Als
Flüchtlingskind hat er Hunger, Not und Elend zu Genüge erleben müssen.
Daher habe er kein Verständnis dafür, dass oft noch gebrauchsfähige
Dinge auf Grund deutscher Vorschriften aus dem Verkehr gezogen werden
müssen. „Ich kann so etwas nicht verschrotten, weil man damit noch so
vielen Menschen helfen kann. Die Vereinsarbeit bestätigt das immer wieder.“
FOTOS
Mit Blumen und einem Präsent bedankten sich Ulrich Scholle und Ralf
Strauch bei Kathrin Böhnstedt, die das Team im Lager des Vereins leitet.
Foto: Gerald Eggert
Stellvertretend für alle fleißigen Helfer bei den Wochenendeinsätzen in
Bad Berka und Boltenhagen bekam Udo Göbel von Ulrich Scholle und Holger
Greulich ein Präsent und eine Urkunde überreicht. Foto: Gerald Eggert
Rund 800 Kilometer legte Janusz Marszalek zurück, um an der
Jahreshauptversammlung des Vereins „Notruf Ukraine-Polizisten helfen“
teilzunehmen. „Ich bedanke mich für die jüngsten Bettenlieferungen und
all die vorhergehenden Transporte mit Kranken- und Pflegebetten,
Rollstühlen, Rollatoren und anderen wertvollen Sachspenden für
Bedürftige, Krankenhäuser und Pflegestationen in Oswiecim und Umgebung“,
sagte der langjährige Freund und Partner des Vereins. Er lud deren
Mitglieder zum 20-jährigen Jubiläumsfest des von ihm initiierten
Kinderdorfes „Dr. Janusz Korczak“ nahe Oswiecims ein und überreichte
allen kleine, von den Patienten im südpolnischen Cieszyn gebastelten
Dankeschön-Geschenke.